1999

ECKIG KONTRA RUND

Das Atom ist rund, ebenso unser Planet Erde, der Mond, die Sonne, jede Zelle unseres Körpers. Die Natur um uns herum, alle organischen Körper sind rund oder abgerundet. Selbst die Wassertropfen sind rund, solange sie der Mensch nicht chemisch sprengt. Aber selbst dann entsteht eine andere runde Form. Denn die ganze Natur ist rund. Eckig denkt nur der Mensch und plant und baut und verwaltet die Natur und sich selbst. Es ist halt einfacher, billiger und bequemer eckige Häuser zu bauen, die Flüße zu begradigen, Bücher geordnet in Regale zu stellen. Die Inhalte sind dann wieder rund. Die Buchstaben, die Sprache, die Schallplatten voll Musik, alle CDs, die Tassen im rechteckigen Schrank, die Teller und Vasen, die Schalen und Blumentöpfe. Die Bilder sind in eckigen Rahmen, die Motive rund. Die Kissen haben meist Ecken und sind doch rund.

Früher lebten die Menschen in Rundzelten, in Tippis, dann wurden Rundhäuser gebaut, in Süditalien stehen noch einige Trullis, die Windmühlen waren Rundbauten und die Schutztürme der Burgen und mittelalterlichen Städte waren fast immer rund. Die alten Kirchen wurden alle abgerundet und im Jugendstil wurden viele Rundelemente zurückgeholt. Heute baut man sich wieder Runderker mit Ecken in neue Häuser.

Das Bedürfnis nach Abrundung ist unübersehbar. Die Seelen der Menschen schreien danach.
Doch die Wissenschaft sucht pragmatische Lösungen, schafft eckige Strukturen, die jeder Beweisbarkeit standhalten. Rund bauen ist zu teuer, verbraucht zuviel Platz, ist nicht ökonomisch. Das Reissbrett siegt über innerste Bedürfnisse, kämpft verbissen gegen alle Weisheit der Natur.

 

Copyright: Peter Burger

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