9. Juni 2018

Das befreite Herz

Ich war einkaufen in der nahen Stadt und sah auf der Heimfahrt neben der Straße einen roten Ballon am Boden liegen. Ich dachte an einen Flugwettbewerb für Kinder und das da eine Karte daran hängt. So drehte ich um und trat in die Wiese. Da hing ein etwas ermattetes rotes Herz mit der Schnur fest. Ohne eine Karte daran, also vermutlich von einer Hochzeitsfeier. Das Gewitter mit Regen hatte den Ballon an den Boden gedrückt und die Schnur hatte sich darin verfangen. Ich nahm den Ballon mit, der immer noch leicht aufwärts strebte. Im Auto tanzte er an der Decke entlang und zweimal versuchte er durchs offene Fahrerfenster mir zu entwischen. Ein paar Kilometer vor meinem Dorf hielt ich am Waldrand an, der Ballon hatte sich von der Schnur gelöst.  Mit guten Wünschen ließ ich das rote Herz aufsteigen. Zunächst nur langsam tanzte es über mir, bis ein leichter Windstoß es erfaßte und hoch über die Bäume hinweg es entführte. Ich versuchte ihm mit den Augen zu folgen, doch es war verschwunden.
Ich dachte darüber nach, was dieser zufällige Herzfund mir sagen soll. Was hat mich da berührt?  An was hängt mein eigenes Herz noch fest? Welche Schnüre, welche Bindungen verhindern mich von alten Verhaftungen zu lösen? Was trennt mich von meiner Freiheit ins unbeschwerte weite Land?
Darüber denke ich noch nach und spüre die Schwere, welche mich in alten Gewohnheiten festhält. Es fehlt also nicht viel, bis jemand kommt und die Schnüre auflöst, damit ich gehen kann, wohin mein Herz mich führen will.

 

Copyright: Peter Burger

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